Hotel Central La Fainera, Valchava im Naturpark Biosfera Val Müstair
Historische Hotels, Wanderausflüge

Hotel Central La Fainera, Valchava im Val Müstair – ganz persönlich

Text: Claudia Ruf (WegWandern.ch) | Bilder: zVg

 

Das Münstertal, eine der kleinen und feinen Gegenden der Schweiz, beim Wandern entdeckt 

Unsere Anreise mit dem Postauto von Zernez über den Ofenpass nach Valchava ist von sensationeller Landschaft des Schweizer Nationalparks geprägt. Eine wilde Bergwelt. Der Postautofahrer fragt die Reisenden: «Seht Ihr die Schlucht rechts gut genug oder soll ich näher an den Rand heranfahren?» Das ganze Postauto lacht; wir sehen genug! Rechts von uns tun sich tiefste Abgründe auf. Wir wissen, Postautofahrer sind wahre Fahrkünstler; keine Angst also vor der eindrücklichen Fahrt.


Blick auf das Münstertal. Langsam-Tourismus ist hier angesagt! Die zahlreichen Juwelen dieser Berg- und Talwelt können nur mit Zeit «erfahren» werden.

 

Eine andere lohnenswerte Annäherung ist auf Wandersohlen, vom Ofenpass nach Lü, auf dem Senda Val Müstair. Wir haben diesen Höhenweg im vergangenen Frühling unter die Füsse genommen. Feldstecher und Zeit mitbringen! Denn auf der Pirsch kann man mit Glück Wildtiere beobachten!


Bartgeier im Schweizerischen Nationalpark. Einst ausgerottet und seit 1991 dort erfolgreich angesiedelt.

 

Ankunft in Valchava im Hotel Central La Fainera 

Ein Blickfang, schon von Weitem, ist die farbenfrohe Hausfassade unserer Unterkunft. Sie zeigt eindrückliche, Legenden und Tal-Geschichten erzählende Malereien. Erst einige Zeit später entdecke ich, dass die beiden Kirchturmmspitzen vertauscht sind und erfahre den Grund dafür während unseres Klosterbesuches. Bei unserer Ankunft stehen vor dem offenen Hoteleingang Rucksack tragende Gäste mit strahlenden Gesichtern und Vorfreude auf den sonnigen Wandertag. Das Haus mit zahlreicher Stammkundschaft und Wanderbegeisterten ist ein ortstypisches Münstertaler Bauernhaus aus dem 17. Jahrhundert. Der grosse Eingangsbereich blieb trotz umfassenden Renovationen im Jahr 1987 beibehalten. Dicke Grundmauern wirken wie beschützend und auch kühlend.  

Ankommen mit dem Postauto direkt vor dem Hotel Central La Fainera in Valchava (+41 81 858 51 61) ist praktisch. Köfferchen reinrollen, Rucksack ablegen. Und schon hören wir ein sympathisches «bainvgnü a chasa»! Claudia Bättig heisst uns herzlich willkommen. Bei einem späteren Interview erfahren wir vieles über Ihre Heimat. Sie ist eine echte Ureinwohnerin. Mit Herz und Seele ist sie seit über 20 Jahren aufmerksame Gastgeberin im Hotel Central. Und sie liebt, wie wir, das Wandern.  


Idealer Ausgangspunkt für Wanderungen und Ausflüge, das Hotel Central La Fainera in Valchava

 

Das Traditionshaus liegt in der Dorfmitte des kleinen Ortes Valchava, mitten im Münstertal. Sehr ruhig und ideal zentral ist es Ausgangspunkt für zahlreiche Wanderungen, Gipfelbesteigungen, Museumsbesuche und Ausflüge. Im Winter geht es auf Skitouren, Langlaufloipen und Schneeschuh-Trails. 


Val Müstair, auch im Winter ein ruhiges Ziel mit spannender Natur zum Entdecken.

 


Vitalbäder, Massagen, Finnen- und Biosauna sind im Hotel Central La Fainera untergebracht.

 


In der Ustaria mit Bar und Aussenterrasse treffen sich nicht nur die Gäste sondern auch die Bürger, die «Jauers», zur «Baderlada». Den offerierten Willkommensdrink nehmen wir gerne hier ein und lauschen den für uns wohlklingenden Worten des rätoromanischen Jauer, eines Vallader-Dialektes, der nur im Münstertal gesprochen wird. 

 

Zur Juniorsuite Fainera geht es ein paar breite Holztreppenstufen hinauf. Wir beide lieben das Knarren der breiten Stufen und die leichte, weiche Federung durch das Holz unter den Füssen. Geborgenheit tut sich auf. Es geht hinauf unter das Dach. La Fainera bedeutet Heuschober. Was für ein tolles Nest uns bereitet wurde: Ein leichter Duft vom Arvenholz, der daraus gefertigten Möbel, strömt beim Betreten des Zimmers in die Nase; er wirkt bekanntlich beruhigend. Die abgeschrägte Holzdecke, die Sitzecke mit Tischchen sowie der Lärchenboden sorgen für Gemütlichkeit. Das moderne Bad – wir lieben moderne Walk-in Duschen – macht Lust auf die Erfrischung.


Arvenholzmöbel, Lärchenböden und -decken machen die geräumige Juniorsuite sehr heimelig.

 


Gemütliche Juniorsuite Fainera

 

Wir fühlen uns in der 130-jährigen, sehr heimeligen Stüvetta aus Holz mit elegant aufgedeckten Tischen richtig wohl. Sie ist eine Stube mit Stil. Die Gäste sind gesellig. Man geniesst sichtlich die gemütliche Stimmung, das Essen und spricht über die Erlebnisse des Tages. Mit aufmerksamem Service wird uns an beiden Abenden jeweils ein Dreigang-Menü gereicht, darunter crèmiges Risotto, zarter Fisch, frische Salatbouquets und raffinierte Desserts. Bei einem kurzen, netten Schwatz mit Claudia, die stets um das Gästewohl besorgt ist, fragte ich sie nach ihrer Leibspeise. Ganz klar, dass die auch auf meiner Genussliste steht: Hirsch-Entrecôte mit Walnusskruste und Föhren-Risotto.


Regionale Spezialitäten werden in der 130-jährigen, heimeligen Stüvetta mit Stil serviert. Ein Geheimnis sei hier gelüftet: Die feinen Capuns nach Art des Hauses sind leichter als üblich, dank des Verzichts auf Rahm.

 

Ausgiebig frühstücken! Viel Selbstgemachtes und regionale Köstlichkeiten warten. Darunter das «pan sejel», das typische, helle und nach alter Tradition aus viel Roggen- und wenig Weizenmehl gebackene Doppelfladenbrot. Ich liebe den einzigartigen Geschmack, das feine Mehl auf der Kruste, die Hefe darin. Das Brot gibt es auch aus Sauerteig. Das Klima im Val Müstair ermöglicht den Ackerbau bis in Höhen von 1’900 Metern über Meer. Dieser Vorteil ist während Jahrhunderten von den Münstertaler Bauern genutzt worden. Noch heute zeugen Ackerterrassen, alte Backöfen an den Häusern sowie die Muglin Mall vom Getreideanbau. Selbstgemachte Konfitüre. Dinkel, Roggen, Hafer zum Schroten für das Müesli. Alpkäse. Alpbutter. Meine Lieblingstorte «torta dal nusch» ist den ganzen Tag über verfügbar. Gut zu wissen: Wir befinden uns auf 1’440 Metern über Meer und in der Höhe braucht das Frühstücksei länger als die gängigen vier Minuten: halbhartes Ei länger als vier Minuten.


Alles, was das Herz begehrt: Ein gesundes Frühstück mit vielen regionalen Produkten und Selbstgemachtem.

 


Lieblingstorte «torta dal nusch», nach dem Rezept von Claudias Mutter, ist immer frisch im Haus hergestellt, schmeckt etwas weniger zuckrig süss als andere Nusstorten.

 

Biosfera Val Müstair

Die Küche des Hotels Central arbeitet mit regionalen Produkten – ganz im Sinne der Biosfera-Idee. Die Biosfera Val Müstair ist seit 2010 ein Regionaler Naturpark von nationaler Bedeutung. Die Parkbevölkerung verpflichtet sich zu nachhaltiger Wirtschaft, Erhalt und Aufwertung von Natur und Landschaft, Forschung, Bildung. Eine Wertschätzung der Bevölkerung ihrer Heimat gegenüber, die man als Gast spürt. Das Hotel Central ist Teil dieses klugen Projektes und Claudia Bättig überzeugte Mitwirkende. Einige Produkte werden in der Region hergestellt und hier im Hause verwendet. Die von der Biosfera zertifizierten Produkte müssen mindestens 80 Prozent regionale Zutaten enthalten und 2/3 der Wertschöpfung muss in der Region erbracht worden sein.

Wer sich auf den   FoodTrail Val Müstair begibt, erfährt noch einiges mehr über die Herstellung der Produkte aus dem Münstertal und wer dahinter steckt. Dieser Trail ist eine spannende, auf alle Sinne ausgerichtete und genussvolle Schnitzeljagd durch die Talschaft mit interessanten Entdeckungen über die gelebten Traditionen und die nachhaltige Ökonomie. So werden die Besucher auch eingebunden in die regionale Wirtschaft und das Leben der Bevölkerung, der Jauers.

 

lai da Rims

Wir sind früh dran. Claudia meint, wir dürften den lai da Rims auf keinen Fall verpassen. Schon mit sechs Jahren war sie mit ihrem Vater das erste Mal auf dieser Wanderung und geht immer mal wieder dahin. Überwältigend sei das Farbenspiel des Sees, der lebendige Wasserfall und die Alpenwelt. Ein besonderer Kraftort soll er sein. Wer einmal da war, will wieder hin, meint sie. Wir hören interessiert ihren vielen, weiteren Wandervorschlägen und Tipps zu. Wenn es die Zeit zulässt, begleitet Claudia auch gerne mal Gäste über den Berg und durch das Tal. Um die schönsten Wanderungen aller Art unternehmen zu können, müsste man mindestens drei Wochen am Stück hier weilen, meint sie. 


Eine weitere anspruchsvolle Gipfeltour ist jene vom Umbrailpass nach Santa Maria mit dem idyllischen lai da Rims und stillen Val Mora. Auf dem Umbrailpass findet man militärhistorische Relikte der Schweizer Grenzbefestigung aus dem Ersten Weltkrieg. Der Umbrailpass war ein umkämpfter Grenzberg.

 


Stilles und ursprüngliches Val Mora

 

a la riva dal Rom

Der Piz Terza liegt vor der Haustüre. Aber auch die gemütliche Rundwanderung auf dem 4-Elementenweg ist einfach zu erreichen. Die bains da Guad, fünf Höfe auf 1480 Metern über Meer gelegen oder ein Besuch des Kalkbrennofens sind verlockend. Die Wandertipps von Claudia sind verlockend. So wählen wir aus vielen Möglichkeiten mehr den Fluss Rom. Er ist schweizweit der einzige Haupttalfluss, dessen Lauf kein Kraftwerk hemmt und nicht zur Stromerzeugung genutzt wird. Diesen Umstand haben sich die Talbewohner erkämpft. Der Weg  a la riva dal Rom führt, wie der Name schon sagt, dem Fluss Rom entlang. Von der sich immer wieder neu verändernden Quelle in Süsom-Tschierv, wo sich kleine Rinnsale beginnen zu einem Bächlein und später zum Bach zu formen, kann man dem Rom bis nach Müstair folgen.

Ab der Mitte bis zum Ende des Weges verändert sich der Bach in einen reissenden Fluss. Entweder nimmt man den Weg in einem Rutsch oder in Etappen unter die Füsse – je nach Zeit, Lust und Kräften. Wir erleben prächtige, unberührte Auen, Flachmoore, natürliche Flussufer, schöne Rastmöglichkeiten, Feuerstellen, Wiesen, Wald und Ebenen, wo sich das Wasser mäandrierend seinen Weg sucht. Und wer die App «Flower Walks» nutzt, wandert mit wissenswerten Informationen über die reichhaltige Flora. Diesen Wasserwanderweg, der voller Abwechslungen ist, haben wir ganz klar als einen unserer liebsten Wanderwege auserkoren. 


a la riva dal Rom – Am Ufer des Rom entlang

 

Auals

Wer Wasserwege liebt, wendet sich auch den Auals zu. Die Auals sind die historischen Bewässerungskanäle und -gräben im Val Müstair. Um den Ertrag zu sichern, wurde oft über grosse Distanzen aus Seitenbächen oder dem Rom, Wasser in die Landwirtschaftsflächen gleitet. Ausgewählte Auals wurden und werden wieder saniert und auch im Gelände sichtbar gemacht. Von Santa Maria Posta aus startet eine leichte Rundwanderung von etwa zwei Stunden der aua Naira und anderen Auals entlang.

 

Über 1200 Jahre Geschichte

Nicht genug des Wassers, für den Tag ist Regen angesagt. Gut für die Natur. Gut auch für uns. Das ist die Gelegenheit für den Besuch des UNESCO Welterbes Claustra Son Jon in Müstair. Das Monasterium, also Münster, war Namensgeberin für das Münstertal, Val Müstair. Eindrücklich sind der besterhaltene Freskenzyklus aus dem Frühmittelalter, Karl der Grosse als lebensgrosse Monumentalstatue und Prunkstücke der Baukunst aus 1200 Jahren. Gestiftet soll das Kloster um 800 n. Ch. von Karl dem Grossen sein, als Dank dafür, dass er den Schneesturm auf dem Umbrail heil überlebt hat, als er aus Italien kam.

Eine Führung lohnt sich. Kunst-, Bau- und Klostergeschichte sind eindrücklich, werden spannend und anschaulich vermittelt und besondere Trouvaillen sind zu sichten. Unter anderem staune ich darüber, dass es im kleinen gemeinsamen Schlafgemach für die Klosterfrauen schon eine Toilette gab. Und zwar bereits vor vielen Hundertjahren schon geschickt «versteckt» eingebaut in der dicken Mauer, im oberen Stockwerk, als Plumpsklo. Wie funktionierte das genau? Und für damalige Verhältnisse technisch schon sehr durchdacht sind die komplett herausnehmbaren Fenster. Rahmen und Glas können für eine noch bessere Sicht aus der Mauer genommen und einfach wieder eingesetzt werden. 

 

Goldwert

Nach der kurzen Anfahrt vom Kloster nach Santa Maria sind es nur ein paar Schritte zur Handweberei Tessanda. In einem spontanen Gespräch mit einer sehr fachkundigen Mitarbeiterin wird uns eindrücklich die Kunst des Webens erklärt. Der Saum scheint je nach Art der Webung, was auch vom Material abhängt, beim «Zetteln» eine echte Herausforderung zu sein. Die Kettfäden, auch Zettel genannt, werden in Längsrichtung aufgespannt. Sie werden gezettelt, d. h. in kleine Teilbäume aufgewickelt, geschlichtet, und anschliessend werden mehrere Zettelpartien auf einen Kettbaum zusammenfassend aufgebäumt. Wir verstehen nicht alles dieses komplexen Prozederes, glühen aber für den roten Seidenschal. Wir sind ergriffen und verzetteln unsere Zeit gerne! 


Bei Tessanda entstehen nachhaltige, stilvolle, sehr hochwertige Unikate aus empfindlichen Naturgarnen wie Rohleinen oder hochwertiger Seide. Materialien, die in der herkömmlichen Industrie nicht oder nur selten verwendet werden. (Foto: Janosch Hugi)

 

Chasa Jaura in Valchava

Es bleibt nach der Postautofahrt, direkt zum Hotel natürlich, noch Zeit. Kalkgetünchte Innenraumwände, originale Holzböden, die Originalküche mit schwarz verrusten Decken und Wänden, den Kochutensilien von damals, den schmalen steilen Kellerabgang, sowie weitere Wohnausstattungen wie die alten Betten uvm. findet man im Ortsmuseum Chasa Jaura in Valchava, gleich beim Hotel Central. Auch dieses typische Bauernhaus steht seit dem 17. Jahrhundert dort und wurde bis ins 20. Jahrhundert sogar noch bewohnt. 


Das Ortsmuseum: Der Besucher erfährt eindrücklich, wie hinter den dicken Wänden, in kühlen Räumen, gelebt und gearbeitet wurde.

 

Es gibt noch mehr zu entdecken und unzählige Wanderwege aller Art. Wer auf der Ofenpassstrasse mit seinem Fahrzeug nur durch die markante Bergwelt hindurchrauscht, kann die zahlreichen Juwelen des Tales nicht erahnen. Und begegnet den Dialas nicht. Sie sind die Hüterinnen, Beschützerinnen der Natur und Helferinnen. Man sagt, sie wohnen im Hochgebierge, und dass sie Wanderer auf ihren Wegen begleiten. Die Berggeister des Münstertales. Wir konnten einige auf unseren Wanderungen und im Hotel entdecken.

Auf dem Weg zu Fuss zum Hotel drehen wir uns kurz um und studieren das Wetter, in die Bergwelt schauend. Es hat aufgehört zu regnen. Die Sonne blinzelt von irgendwo hervor. Die Bergwelt ist noch fahl, dunkel, neblig. Aber auf einem bewaldeten Berghang zeigt sich ein runder, fast goldfarbig leuchtender Fleck. Ein Stück eines Regenbogens? Die ganze Welt kennt den Regenbogen. Er symbolisiert Harmonie, Naturschutz und steht als Zeichen der Verbindung zwischen Himmel und Erde. Es ist geschenktes Glück, denn es ist das Ende eines Regenbogens! Noch nie gesehen. Man sagt, dass am Ende eines Regenbogens ein Topf voller Gold liegen soll. Da muss ich hinwandern! 

Einen sehr herzlichen Dank an Claudia Bättig mit Team und an die Besitzerfamilie Hohenegger für die wunderbare Gastfreundschaft! Wir kommen sehr gerne wieder! 

 

Hotel Central La Fainera
Bauorcha 19
7535 Valchava
  +41 81 858 51 61
  www.centralvalchava.ch
  

 

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