Wandern ist eine der beliebtesten Sportarten und zieht jedes Jahr mehrere Millionen Wanderer an, darunter junge und ältere Menschen. Aus physiologischer Sicht wird das Wandern und speziell das Bergwandern, im Allgemeinen als eine lang andauernde Aktivität mit vorwiegend mässiger Intensität charakterisiert, die ausserdem als gesundheitsfördernd angesehen wird. Immer wieder berichtet die Literatur über positive Auswirkungen des Bergwanderns auf psychologische Parameter, und die Exposition in moderaten Höhenlagen kann selbst bei bereits bestehenden chronischen Krankheiten gesundheitliche Vorteile bringen. Im Rahmen einer Gesundheitsprävention kann das Wandern (auch Bergwandern) daher, auch für ältere Menschen, empfohlen werden.
Was man als Wanderer wissen muss
Faktoren wie ungewohnte Wegoberflächen in einer bergigen Umgebung und die muskuläre Belastung beim Bergabgehen führen oft zu unerwünschten Ereignissen und Unfällen. Die überwiegende Mehrheit der Unfälle ereignete sich beim Wandern auf Wegen oder Pfaden mit Steinen oder Trümmern und während des Abstiegs. Da viele Wanderungen mit dem Bergaufgehen beginnen und dem anschliessenden Bergabgehen abschliessen, könnte zusätzlich eine allgemeine Muskelermüdung involviert sein. Eine adäquate Tourenplanung mit Zeitreserven und regelmässigen Pausen könnte das Sturzrisiko wahrscheinlich verringern.
Bergwanderer sollten zudem wissen, dass der Abstieg, der für viele Wanderer mit einer ungewohnten exzentrischen Muskelbelastung verbunden ist, für Unfälle wie Stürze, der riskanteste Teil einer Bergwanderung ist. Etwa 75% der Stürze beim Bergwandern ereignen sich während des Abstiegs. Daher sind Kenntnisse über die spezifischen inneren (z.B. Müdigkeit, Fitnessniveau, Erfahrung) und äusseren Umstände (z.B. Untergrund, Höhe) von Stürzen beim Bergwandern von grösster Bedeutung, um Risikofaktoren zu identifizieren und evidenzbasierte Präventivmassnahmen zu entwickeln. Gerne stellen wir von der Physiotherapie und Rehabilitation Kalchbühl ein Training vor, welches auf die spezifischen körperlichen Anforderungen des Wanderns eingeht.
Für den Erfolg des Trainings ist die Körperwahrnehmung der primäre Baustein und ist ein essentieller Teil des Trainings. Die nachfolgenden Übungen sind so gegliedert, dass du rasch allfällige Schwachstellen deines Körpers erkennen wirst und an diesen arbeiten kannst.
Das Trainingsprogramm beinhaltet folgende Punkte:
- Wahrnehmung der Atmung und korrekte Position der Lendenwirbelsäule (Powerhouse)
- Koordination
- Stabilisation
- Kraft
- Gleichgewicht
- Beweglichkeit
Taste dich bei der ersten Durchführung an die Übungen heran und lies sorgfältig die physiotherapeutischen Instruktionen dazu. Wähle ein für dich geeignetes Übungsrepertoire aus, welches dich fordert aber nicht überfordert. Versuche vor allem deine Schwachpunkte herauszufinden und an diesen zu arbeiten. Die ausgewählten Übungen sollten jede Körperzone beinhalten. Nimm dir Zeit für die Übungen und versuche eine Ermüdung der trainierten Muskeln zu erzeugen. Verspürst du am Folgetag einen Muskelkater, so hast du vieles richtig gemacht. In diesem Fall darfst du dir einen bis zwei Tage Erholungszeit geben, um dann in der sogenannten Superkompensation fortzufahren.
Die Übungen können je nach Fitnesslevel der trainierenden Person durchgeführt werden. Wir orientieren uns bei der Angabe der Wiederholungen an einem gesunden körperlichen Zustand. Solltest du unsicher sein, kläre das Training mit einem Arzt oder Physiotherapeuten ab. Schmerzen sollten während dem Training nicht auftreten.
Wanderwichtig
- Starke Beine leiten die Kräfte funktionstüchtiger an den Rücken weiter. Eine gute Koordination stabilisiert die Gelenke, dämpft Stösse ab und gleicht Scherbewegungen aus.
- Ein stabiler und starker Rücken beugt Verspannungen und Rückenschmerzen vor. Tiefe und segmentale Muskeln stabilisieren den Rücken dynamisch. Die tiefliegende Muskulatur kann mittels der Powerhouse – Atemtechnik gezielt angesteuert werden (siehe Übung 1: Powerhouse, Zentrierung).
- Ein gut trainierter Schultergürtel inklusive Kraft der Arme entlastet den Nacken und wirkt einer Muskelverspannung entgegen. Somit wird eine gesunde und ökonomische Balance der Muskulatur gewährleistet.
- Ein gutes Gleichgewicht unterstützt den Bewegungsapparat bei ungewohnten und labilen Wegoberflächen.
- Eine optimale Beweglichkeit der Gelenke kann als Grundlage für einen funktionstüchtigen Muskel-Faszien-Apparat verstanden werden.
- Die Ausdauer wird optimalerweise im Freien trainiert (2-3 Mal pro Woche). Hierfür besonders geeignet sind zügige Spaziergänge, Walken, Joggen oder Biken.
Benötigte Hilfsmittel für das Training
- Festhaltemöglichkeit bei Schwierigkeiten mit dem Gleichgewicht (Stock, Stuhllehne, Wand).
- Gymnastikmatte, Kissen, Wasserflaschen, Hanteln, Softball, Terraband, Stufe (zB. Treppe, Stepper).
Powerhouse / Zentrierung
Diese Atemtechnik stammt aus dem Pilates und hat die Stabilisation der Körpermitte zum Ziel. Diese wird durch eine gezielte Aktivierung der stabilisierenden unteren Rückenmuskeln, sowie der tiefliegenden Bauchmuskeln erreicht (Mm. multifidii, M. transversus abdominis, Zwerchfell und Beckenboden).
Das Prinzip dahinter ist die Flankenatmung. Beim Ausatmen wird die stabilisierende untere Rumpf- und tiefe Bauchmuskulatur angespannt. Beim Einatmen wir dann eine gewisse Grundspannung beibehalten. Wir empfehlen diese Atemtechnik bei allen Übungen anzuwenden. In Ruhe oder bei alltäglichen Belastungen atmest du wie gewohnt spontan ein und aus.
Das Fussgewölbe und seine Funktion
Um den Fuss optimal zu belasten, macht es Sinn, sich drei Punkte an der Fusssohle einzuprägen, nämlich:
- Das Grosszehengrundgelenk (grosser Ballen)
- Kleiner Zehen (kleiner Ballen)
- Fersenbein
Diese drei Punkte sollten ausgeglichen belastet werden, um eine aktive Balancefähigkeit zu erreichen. Sowohl das Quergewölbe (Spannung zwischen den beiden Ballen) als auch das Längsgewölbe (Spannung zwischen Fersenbein zu den jeweiligen Ballen) verleihen dem Fuss die Möglichkeit einer Druckpunkt- und Federungstechnik. Der innere Rand (Linie zwischen grossem Ballen und Fersenbein) sollte immer leicht vom Boden abgehoben sein (kein Plattfuss, Senkfuss).
Die Fussmuskulatur wird zudem vermehrt gefordert, wenn Barfuss oder mit Antirutschsocken trainiert wird. Hast du aber individuell angefertigte Schuheinlagen, dann solltest du mit diesen trainieren.